38 S T R AT E G I E bei fast fünf Prozent, womit die realen, inflationsbereinigten Renditen auf fast 2,5 Prozent kommen. In Europa müssten Anleger indes mehr Geduld aufbringen, mahnt Dixmier. „Der- zeit gehen die Märkte davon aus, dass die Europäische Zentralbank keine weiteren Zinserhöhungen mehr vornehmen wird, aber diese Ansicht gefällt uns nicht.“ Dix- mier sieht im Euroraum eine echte Lohn- Preis-Spirale, bei der jede Lohnerhöhung praktisch eins zu eins in einen Anstieg der Lohnstückkosten umgesetzt wird. Daher ist er der Meinung, dass die Anleger bei der Kerninflation mit einer Überraschung nach oben konfrontiert werden könnten, die heute noch nicht eingepreist ist. Selten so attraktiv wie jetzt „Wir bevorzugen festverzinsliche Anlagen“, bestätigt Erin Browne, Portfolio managerin beim Anleihespezialisten PIMCO. „Ange- sichts der aktuellen Bewertungen und der Aussichten auf ein schwieriges Wirt- schaftswachstum und eine sinkende In- flation waren Anleihen noch selten so at- traktiv wie heute.“ Bei näherer Betrachtung und aufgrund der aktuellen Renditen rät sie zu „überge- wichtigen Allokationen in mittelfristigen US-Anleihen“ ebenso wie bei Papieren aus Kanada, Großbritannien, Australien und Europa. Ihr Fazit: „Über alle Anlage- klassen hinweg betrachtet, zeichnen sich Anleihen durch ihre guten Aussichten bei den grundlegenden makroökonomischen Aussichten sowie durch ihre Widerstands- fähigkeit, Diversifizierung und insbeson- dere ihre Bewertung aus.“ Stephen Li Jen, CEO bei Eurizon SLJ Capital, macht sich, für Schwellenländer- anleihen stark. Trotz des zuletzt sehr vo- latilen Umfelds habe sich die Anlageklasse widerstandfähig gezeigt, was ihn weiter- hin optimistisch stimmt. Dafür nennt er drei fundamentale Argumente. Das erste: Eine tiefe globale Rezession hält er für unwahrscheinlich. Zum Zweiten seien auch die jahrzehntelang wirkenden deflationären Faktoren wie Demografie und Technologie nach wie vor intakt und dürften den Preisdruck wieder verstär- ken. Drittens setzt Li Jen auf die Erholung der chinesischen Wirtschaft, wobei die politischen Entscheidungsträger in Peking mehr tun müssten, um den Immobilien- sektor und damit auch das Vertrauen der privaten Haushalte und den Konsum wie- der anzukurbeln. 04/2023 Wirtschaft eine weiche Landung hinlegt und die Fed ihren Zinserhöhungszyklus abgeschlossen hat. „Allerdings steigen die Märkte selten geradlinig, und angesichts der vielen Risiken, mit denen sie konfron- tiert sind, wird es im nächsten Jahr wahr- scheinlich einige Unebenheiten auf der Straße geben“, schränkt Kostin ein. Was die sogenannten „Magnificent Seven“ angeht, die sieben Megacap-Tech- nologiewerte Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon, Tesla und Microsoft, die 2023 für den größten Teil der Gewinne des S & P 500 verantwortlich waren, erwartet Kostin auch im Jahr 2024 eine überdurch- schnittliche Wertentwicklung. Falls An- leger jedoch auf Schnäppchenjagd gehen wollen, sollten sie sich auf angeschlagene zyklische Werte konzentrieren. Hohe Aktienrenditen Sehr optimistisch im Hinblick auf Aktien zeigt sich auch Ajay Rajadhyaksha, Re- search-Chef bei Barclays. Nach zwei Quar- talen in Folge, in denen er Cash empfohlen hat, sei nun Zeit, ein gewisses Risiko einzu- gehen und in Aktien zu wechseln. Für 2024 erwartet er „hohe einstellige Renditen, die auch festverzinsliche Kernanlagen über- treffen werden“. Er favorisiert US-ameri- kanische und europäische Aktien, weil die globalen wirtschaftlichen Abwärtsrisiken stark abgenommen hätten. „Wir bevorzugen Large Caps gegenüber Small Caps, um uns gegen Marktschocks abzusichern und um die seltene Gelegen- heit zu nutzen, gleichzeitig in Qualität in- vestiert zu sein, sowie auch Value gegen- über Growth“, sagt Rajadhyaksha. Von chinesischen Aktien rät er zurzeit eher ab, wohingegen er gutes Potenzial für taiwa- nesische Aktien sieht. Seine Argumente: Anzeichen für eine Bodenbildung in China, nachlassender geopolitischer Gegenwind und Signale für eine Entspannung der Be- ziehungen zwischen den USA und China. Last but not least erachtet Matthias Born, Head of Investments bei Berenberg, europäische Aktien als aussichtsreich. In Europa seien zwar keine Techgiganten an- gesiedelt, wie man sie in den USA findet, sagt er. „Dennoch gibt es viele weltweit führende Firmen, die von robusten struk- turellen Rückenwinden profitieren. Diese Unternehmen investieren in Wachstum, die der Markt bietet, und in ihre Wettbe- werbspositionen. Der Schlüssel liegt darin, sich auf die guten Unternehmen zu kon- zentrieren und den Rest wegzulassen.“ S R O T S E V N I L A B O L G Z N A I L L A : O T O F „Da der Zinsanstieg allmählich abflacht, entsteht ein neues Anlageumfeld mit Chancen, die es seit Jahren nicht mehr gegeben hat.“ Franck Dixmier Allianz GI David Kostin, Chefstratege für US-Ak- tien bei Goldman Sachs, rät hingegen, die Strategie für 2023 auch im nächsten Jahr beizubehalten. „Alles, was man 2023 tun musste, war, investiert zu bleiben“, sagt Kostin rückblickend. Das sollte auch 2024 der richtige Ansatz sein. Kostin und sein Team gehen davon aus, dass der amerika- nische Leitindex S & P 500 im kommenden Jahr weiter steigen wird. Aktien lohnen nach wie vor Ihre Argumente sind das Wahljahr in Ame- rika sowie die Erwartung, dass die US- POSITIVER AUSBLICK AUF US-AK TIEN Die Strategen von Goldman Sachs gehen von einem weiteren Anstieg des amerika- nischen Leitindex S & P 500 aus. Entwicklung des S &P 500 Index in Punkten 5200 4800 4400 4000 3600 3200 2021 Jan. 2022: 4797 Jul. 2023: 4589 Ende 2024: 4700 1. Hj. 2024: 4500 2022 2023 2024 2025 Quelle: Goldman Sachs